Otto-Pankok-Straße 27

Otto-Pankok-Straße 27


Denkmal

Denkmal - Otto-Pankok-Straße 27

Baugeschichte

Das Gebäude ist in seinen Grundabmessungen schon im sog. preußischen Urkataster aus dem Jahre 1822 verzeichnet. Das Bauwerk entspricht in seiner Bauweise den typischen ländlichen Wohnhäusern, wie sie gegen Ende des 18 Jahrhunderts in der hiesigen Gegend errichtet wurden. Als Eigentümer wird Adolf Ostwald genannt, er war Oberbüchsenmeister in der Gewehrfabrik in Saarn. Ihm ist wahrscheinlich der Bau des Hauses zuzuschreiben. Das Gebäude ist noch 1834 in seinem Eigentum, 1867 gehörte es dem Saarner Kaufmann Friedrich Neulen. Im Jahr 1883 wird der Bauunternehmer Johann Germershausen als Eigentümer genannt.

 

Herr Germershausen betrieb auf diesem Grundstück eine Essigfabrik (Ssuurfabrik) unter gleichzeitiger Nutzung des Haupthauses als „Herrenhaus“ der Familie. Vermutlich sind die in den Neukartierungen aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts verzeichneten umfangreichen Anbauten dieser Nutzung zuzuschreiben; diese Gebäude sind bis auf wenige Reste nach dem 2. Weltkrieg nicht mehr vorhanden. In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde der nördliche Anbau als eigenständige Wohnung genutzt – zu der Zeit wohnten Zeitzeugenberichten zufolge bis zu vier Familien im Gebäude.

1952 erfolgte eine Neuverschieferung des Straßengiebels. Um 1956 erwarb der damalige Mieter Friedrich Kaiser das Gebäude von dem in der Schweiz lebenden Eduard Germershausen. Das Gebäude wurde anschließend weiter instandgesetzt und insbesondere im Bereich des eingeschossigen nördlichen Anbaus umgebaut und verändert. Die westliche Traufseite erhielt um 1960 einen Verputz anstelle einer Verschieferung. Das Dach wurde neu eingedeckt, Fenster und Haustüren wurden ebenfalls erneuert.

In den 2010er Jahren wurde das Gebäude unter Erhaltung der alten Bausubstanz modernisiert. Im Erdgeschoss wurden dabei an mehreren Stellen das Holzständerwerk des Fachwerks freigelegt und prägt seitdem den Charakter des Wohnzimmers. Zudem wurde der nördliche Anbau abermals umgebaut und im Vergleich zum Nachkriegsstatus wurden viele kleine Räume zu einem großen vereint und die Fensteröffnungen vergrößert. Seit 2015 wohnen die neuen Eigentümer, die Familie Arning, in dem Gebäude.

 

Beschreibung

Das Gebäude entstand am Saarner Ortsrand auf einem größeren Grundstück an einer Biegung der ehemaligen Klosterstraße. Die Hauptfassade des zweigeschossigen Gebäudes ist daher die östliche Traufseite. Erst später wurde die Klosterstraße am Südgiebel vorbei begradigt, so dass das Gebäude heute auf einem Eckgrundstück liegt.

In der Hauptfassade sind die Fenster achsial übereinanderliegend angeordnet, der Eingang liegt in der mittleren der 5 Fensterachsen.

Das Gebäude besitzt ein Krüppelwalmdach mit zwei Kaminzügen, von dem aber nur einer bis in einen Schornstein endet. Das Ziegeldach wurde ebenfalls um 1960 neu eingedeckt. Der Dachrand (Ortgang, Traufgesims) wurde dabei nachteilig verändert.   

Das Gebäude besaß ursprünglich Klappläden, die später wieder nachgebildet wurden. Ein besonderes Merkmal dieser Fassade ist die ein Quadermauerwerk vortäuschende Bretterverkleidung. Die Verbretterung besteht aus rechteckigen, im Verband verlegten Tafeln und ist heute weiß gestrichen.

Der Südgiebel zeigt eine Verschieferung in altdeutscher Schuppendeckung, in die die Fenster symmetrisch eingelassen sind.

 

Die Öffnungen werden durch ihre weißen Holzgewände betont. Auch die westliche Traufenseite war ursprünglich verschiefert, im Verlauf der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde ein hell gestrichener Putz aufgebracht, nachdem Kriegsschäden beseitigt wurden. Dieser helle Putz wurde später schwarz gestrichen, um der ursprünglichen Schieferdeckung farblich ähnlicher zu sein.

Der eingeschossige Anbau auf der Nordseite ist der veränderte Überrest der oben beschriebenen, umfangreicheren Gebäudeerweiterung, die das Gebäude im 19. Jahrhundert erfahren hatte.

 

Der Gebäudegrundriss weist auf seine bürgerliche Bewohnerschaft hin. Das Treppenhaus liegt auf der der Straße abgewandten Seite und wird von einem mittigen Stichflur erschlossen. Im Erdgeschoss befinden sich 5 Zimmer, im OG liegen 4 Räume. Das Gebäude ist teilweise durch einen Gewölbekeller unterkellert.

 

Bewertung aus denkmalpflegerischer Sicht

Das Gebäude wurde mit Datum vom 1.12.1988 in die Denkmalliste der Stadt Mülheim eingetragen, weil es eine Bedeutung für die Geschichte des Menschen, sowohl allgemein als auch speziell für die Ortsgeschichte Saarns besitzt.

Dabei haben sowohl architekturgeschichtliche, als auch ortsgeschichtliche und städtebauliche Gründe zur Eintragung geführt.

Architektonisch ist das Gebäude eines der wenigen, im hiesigen Raum noch erhaltenen, unter klassizistischen Einflüssen um 1800 entstandenen ländlichen Wohnhäusern. Strenge Symmetrie, klare schnörkellose Gestaltung und der Versuch, durch die Fassadenverkleidung den Eindruck eines stattlichen Massivgebäudes zu erwecken, sind typische Merkmale dieser Architekturepoche. Seine gradlinige Gestaltung ist auch heute noch von ästhetischem Reiz. Der Erbauer besaß sicherlich Repräsentationsabsichten, hatte er doch die Funktion eines Betriebsleiters in der Gewehrfabrik inne.

Für den Ortsteil Saarn ist das Bauwerk ein wertvolles Dokument der Siedlungsentwicklung. Es ist nicht nur erkennbarer Teil der historischen Bebauung, sondern gibt auch Anstoß zu weiterer forschender Auseinandersetzung mit der Ortsgeschichte -schließlich war die Gewehrfabrik eine zeitweilig bedeutende Einrichtung in Saarn - und veranschaulicht , dass der Ortsteil über die Jahrhunderte eine kontinuierliche Erweiterung erfahren hat.

 

Das Haus liegt heute außerdem städtebaulich in einem Bereich, der noch den ursprünglich dörflichen Charakter des Ortsteils verkörpert. Seine Erhaltung trägt dazu bei, diese städtebauliche Wirkung zu unterstützen.

 

Für die Richtigkeit: Erich Bocklenberg (Denkmalpfleger)

Ergänzt durch F. Wilhelm von Gehlen und Volker Arning

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